Auf der Tagesordnung dieser Sitzung stand der Beschluss des Generalrats über den Inhalt der kommunalen Initiative «Die erste Stunde Parkieren ist gratis in Freiburg», die an der Generalrats-Sitzung vom vergangenen 22. Januar in ihrer allgemeinen Form für gültig erklärt wurde.
Der Inhalt der Initiative lautet wie folgt: «Nach dem Vorbild der Gemeinden Estavayer, Düdingen oder Payerne, so wie es auch einige Einkaufszentren in der Peripherie handhaben, verlangt die Initiative, dass die erste Parkierungsstunde auf öffentlichem Grund der Stadt Freiburg gratis sein soll (ausser in einem 50-Meter-Umkreis um den Bahnhof), um dadurch die Attraktivität der Stadt zu erhöhen.»
Der Gemeinderat empfiehlt die Ablehnung
Der Gemeinderat nahm durch Stadtammann Thierry Steiert Stellung. Dieser erinnerte an die Entwicklung der städtischen Verkehrsarten vom Beginn des 20. Jahrhundert bis heute und stützte sich dabei auf die Analysen des Schweizerischen Städteverbands. Kurz zusammengefasst: «Die städtische Verdichtung und die Herausforderungen des Klimawandels zwingen die Städte, die urbane Mobilität nachhaltiger und platzsparender zu gestalten. Um dies zu erreichen, muss der Anteil an ÖV, Fussgänger:innen und Velofahrer:innen systematisch erhöht werden. Dazu bedarf es einer einheitlichen Parkierungsgebührenpolitik: Jede verstärkte Nutzung des öffentlichen Raums zu privaten oder kommerziellen Zwecken hat ihren Preis. Die von der Stadt Freiburg festgelegten Parkierungsgebühren bewegen sich auf vergleichbarem Niveau mit den Referenzstädten. Freiburg stellt aufgrund dessen, dass der Gemeinderat bis heute das öffentliche Gratisparkieren zwischen 12 und 13 Uhr beibehalten hat, gar einen Seltenheitsfall dar. Eine kostenlose erste Parkierungsstunde würde der Mobilitätspolitik, wie sie generell in Schweizer Städten praktiziert wird und in übergeordneten Planungen auf eidgenössischer, kantonaler oder regionaler Ebene vorgesehen ist, nur zuwiderlaufen.» Ausserdem würde, so der Gemeinderat, die Attraktivität der Stadt Freiburg durch die Einführung der ersten Gratisstunde nicht etwa erhöht, sondern verringert: «Die Attraktivität einer Stadt ist das Ergebnis zahlreicher Faktoren; die Gestaltung des öffentlichen Raums macht einen wesentlichen Teil davon aus.» Zusammenfassend empfiehlt der Gemeinderat, die Initiative abzulehnen.
Für die Linke hat die Initiative «ihr Ziel verfehlt»
Anschliessend begann die allgemeine Diskussion. Laurent Woeffray (SP) stellt sich mit seiner Fraktion «einstimmig auf die Seite der Fortschrittlichen und wird sich dieser rückwärtsgewandten Initiative nicht anschliessen», welche «die Uhr unbedingt in die 1960er-Jahre zurückstellen, dem Auto den öffentlichen Raum gratis überlassen und die Lebensqualität der Einwohnerschaft verschlechtern» will. Wie die SP fand auch die Fraktion von Monica Mendez (Grüne), dass diese kommunale Initiative in «Initiative für eine Immobilität in der Stadt Freiburg» umbenannt werden könnte, denn «die Attraktivität unserer Stadt ist ein Thema, das eine gründlichere Überlegung verdient als eine populistische Initiative, die nichts zu lösen vermag». Ausserdem «ist der öffentliche Raum eine knappe Ressource, ein gemeinsames Gut, das es auch als solches zu respektieren gilt» und «mit diesem Text stellt die Rechte eine Ungleichheit her zwischen der Einwohnerschaft der Quartiere und den Fahrzeughaltern, die von auswärts kommen und die gleichen Plätze eine Stunde lang gratis benutzen können». Gérald Collaud (Mitte Links-CSP) fügte hinzu, dass «diese Initiative ihr Ziel verfehlt: Indem sie ein einstündiges Gratisparkieren einführen will, trägt sie zu mehr Verkehr bei und verschlechtert damit den Verkehrsfluss zum Nachteil der Autofahrer:innen und der Bevölkerung».
Für die Rechte ist die Initiative eine Möglichkeit, «Stopp» zu sagen
Für David Krienbühl (FDP), Mitglied des Initiativkomitees als Generalsekretär des freiburgischen Verbandes für Handel, Handwerk und Dienstleistungen (afcas), ist die Stadt «dabei, den Pflug vor die Ochsen zu spannen und vor allem die Freiburger:innen aus ihrer Hauptstadt zu verjagen», denn «wo sind die flankierenden Massnahmen für eine echte multimodale [Mobilitäts-]Politik in Freiburg?». Er räumte zwar ein, dass «diese Initiative natürlich nicht alle Probleme lösen wird», betrachtet sie aber als eine Möglichkeit, «dem Gemeinderat Stopp zu sagen», und als «das einzige zur Verfügung stehende Mittel, ihn zu mehr Konsens zu bewegen». Die Fraktion habe nämlich «wirklich den Eindruck, dass die Wirtschaftsinteressen nicht mehr vertreten werden und sich die Rahmenbedingungen für das Parkieren und die Mobilität nur noch verschlechtern.» Die Fraktion von José Uldry (SVP) schloss sich der FDP an und erachtet diese Initiative als «wichtig für die Verteidigung unserer Geschäfte und unserer Restaurants, um den Mobilitätsmassnahmen, die schon viel zu weit gegangen sind, Einhalt zu gebieten», dies unter Berufung auf «den kontinuierlichen Abbau von Parkplätzen in den vergangenen Jahren» und «die Einführung der Tempo-30-Begrenzung in der Stadt».
Jean-Thomas Vacher (Die Mitte/GLP), der für seine Fraktion sprach, räumte ein, dass die Initiative «vielleicht nicht alle Probleme der Stadt lösen wird», warf der Stadt jedoch vor, «eine Anti-Auto-Politik» zu betreiben, die einer «Utopie gleichkommt und all jene aus der Gesellschaft ausschliesst, die sich nicht mit dem Fahrrad oder dem ÖV fortbewegen können». Seine Parteikollegin Caroline Revaz (Die Mitte/GLP) erklärte, dass sich die GLP im Rahmen dieser Initiative der Stimme enthalte: «Könnten wir nicht über unsere parteipolitischen und ideologischen Differenzen hinwegsehen, um gemeinsam einen durchführbaren Gegenentwurf für alle Einwohner:innen der Stadt und des Kantons vorzuschlagen und nebenbei einige wertvolle Steuergelder sparen?»
Claudio Rugo (KP), Mitglied des Initiativkomitees, betitelte in seiner sehr metaphorischen Kritik die Mitglieder des Generalrats als «Schafe», wenn sie nicht für die Initiative stimmen würden, und verlässt sich auf «die Weisheit der Freiburger Bevölkerung».
Schliesslich beantwortete Pierre-Oliver Nobs, Gemeinderat und Direktionsvorsteher der Ortspolizei, der Mobilität und des Sports, die mehrfach aufgekommene Frage nach den entgehenden Einnahmen, sofern die Initiative angenommen würde: «Der Gemeinderat liess eine Schätzung vornehmen – ich sage ausdrücklich Schätzung – und der Verlust würde sich auf 3,6 Millionen Franken belaufen.»
Die Präsidentin des Generalrats, Sonja Gerber (SP), eröffnete anschliessend die Abstimmung über die Frage, ob sich der Generalrat der Initiative anschliesst oder nicht. Der Generalrat sprach sich mit 44 gegen 21 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen die Initiative «Die erste Stunde Parkieren ist gratis in Freiburg» aus. Sie wird nun dem Volk vorgelegt, voraussichtlich am Sonntag, 9. Juni 2024